Bis vor wenigen Jahren verwendeten viele Rechtsschutzversicherer (RSV) eine Klausel, wonach sie nicht leistungspflichtig seien, wenn der Rechtsschutzfall „ausgelöst“ wurde durch eine frühere Willenserklärung oder Rechtshandlung und die Versicherung zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestand. Z. B. durften sie den Rechtsschutz verweigern, wenn der Versicherungsnehmer (VN) sich dagegen wehren wollte, dass seine Berufsunfähigkeitsversicherung (BUV) vom Vertrag zurückgetreten ist oder ihn angefochten hat. Denn die BUV begründet dies mit angeblich falschen Angaben vor Abschluss des Vertrags. Die RSV vertraten dann die Ansicht, dass die Beantragung der BUV durch den VN den Rechtsschutzfall ausgelöst hätte. Ein anderes oft vorgekommenes Beispiel ist der Fall, dass der VN Widerspruch erhoben hat gegen den Abschluss einer Lebensversicherung unter Bezugnahme auf eine fehlerhafte Belehrung und diese Versicherung den Widerspruch dann zurückgewiesen hat. Diese Zurückweisung stellt einen Rechtsschutzfall dar. Die RSV verweigerten aber die Leistung von Rechtsschutz mit dem Argument, bereits die fehlerhafte Widerspruchsbelehrung habe den Rechtsschutzfall ausgelöst.
Der BGH hat in seinem Urteil vom 04.07.18 (IV ZR 200/16) diese sog. „Vorerstreckungsklausel“ für unwirksam erklärt. Es sei nicht klar, wann nach Auffassung der RSV eine frühere Willenserklärung oder Rechtshandlung einen Rechtsschutzfall „auslöse“. Für den VN sei nicht ersichtlich, ob ein direkter, enger Zusammenhang bestehen muss oder ob auch ein weiter Zusammenhang genügt. Über das Ziel, zu vermeiden, dass die RSV nur abgeschlossen wird, weil der VN weiß, dass ein Rechtsstreit bevorsteht, schießt die Klausel hinaus. Denn es kommt gerade nicht darauf an, ob der VN erkannt hat, dass ein Sachverhalt vorliegt, der zu einem späteren Streit führen könnte.
Wenn Ihnen in der Vergangenheit wegen der „Vorerstreckungsklausel“ Rechtsschutz verweigert wurde, prüfe ich gerne für Sie, ob Ihre RSV ihre Leistungsablehnung nun zurücknehmen muss.