Mit dem 1. Januar ist die zweite Stufe der Pflegereform in Kraft getreten. Künftig wird die Pflegebedürftigkeit neu definiert, die sich an der Alltagskompetenz der Betroffenen orientiert, Christina Großheim sprach mit Joachim Indetzki, Fachanwalt für Medizinrecht in Offenburg, über die Änderungen.
Was hat sich zum Jahreswechsel bei der Pflegeversicherung geändert?
Durch die sogenannten Pflegestärkungsgesetze werden ab 2017 neben körperlichen auch geistige und seelische Beeinträchtigungen bei der Begutachtung gleichberechtigt berücksichtigt. Ferner wurden am 1. Januar aus drei Pflegestufen fünf neue Pflegegrade, wobei eine neue Begutachtung in der Regel nicht erfolgen wird, die Neueinteilung erfolgt durch die Pflegekassen.
Wer profitiert von der Neuregelung?
Im Wesentlichen profitieren von der Neuregelung dauerhaft psychisch kranke oder geistig behinderte Menschen, relevant wird dies insbesondre für Demenzkranke.
Gibt es Versicherte, die schlechter gestellt werden, als vorher?
Die meisten Pflege- bedürftigen profitieren von den Neuregelungen, eine Vielzahl von Pflegebedürftigen befindet sich in Pflegestufe 1 und wird von der Neueinstufung in Pflegegrad 2 finanziell profitieren. Nachteile haben Menschen, die im Jahr 2017 in ein Pflegeheim müssen, es wird ein Pauschalbetrag als Eigenanteil erhoben. Menschen mit niedrigerem Pflegegrad zahlen mehr, außerdem erhalten Menschen mit geringfügigen körperlichen Leiden ab 2017 insgesamt weniger Geld.
Wer legt den Pflegegrad fest?
Menschen mit anerkannter Pflegestufe müssen sich keiner zweiten Begutachtung unterziehen, die Pflegekassen teilen allen bisher pflegebedürftigen Leistungsempfängern anstelle ihrer bisherigen Pflegestufe automatisch den nächsthöheren Pflegegrad zu. Bei Demenzkranken und Pflegebedürftigen gilt indessen eine Sonderregelung, diese erhalten automatisch anstelle ihrer bisherigen Pflegestufe den zwei Stufen höheren Pflegegrad zugewiesen. Für Neuanträge im Jahr 2017 gilt, dass die Antragsteller nach dem neuen Prüfverfahren NBA, neues Begutachtungsassessment, begutachtet werden, wobei entsprechend der Neuauslegung des Begriffs der Pflegebedürftigkeit auch kognitive oder psychische Beeinträchtigungen mit beurteilt werden.
Welche Schritte sind möglich, wenn die Einstufung als falsch empfunden wird?
Letztendlich entscheidet die Pflegekasse über den Pflege- grad durch einen sogenannten Bescheid. Bei Ablehnung beziehungsweise aus Sicht des Antragstellers zu niedriger Einstufung besteht wie auch schon zuvor die Möglichkeit, Widerspruch binnen Monatsfrist einzulegen. Es wird dann über den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid entschieden. Auch hier kann bei einem nachteiligen Ausgang für den Antragsteller Klage zum zuständigen Sozialgericht erhoben werden, auch dies muss binnen Monatsfrist erfolgen.