In Immobilienrecht

Mit Urteil vom 08.04.2016 (Aktenzeichen: X ZR 1 50/1 5) hat der Bundesgerichtshof nunmehr endlich eine seit vielen Jahren umstrittene Rechtsfrage geklärt. Der besagten Entscheidung lag ein notarieller Kaufvertrag zugrunde, mit dem die Käufer von den Verkäufern, ein zu dieser Zeit in Trennung lebendes Ehepaar, unter Ausschluss der Sachmängelhaftung ein mit einem Wohnhaus bebautes Hanggrundstück erwarben. In derartigen gängigen Kaufverträgen findet sich standardmäßig der auch hier im Vertrag enthaltene Gewährleistungsausschluss analog dem Gebrauchtwagenkauf von privat zu privat, was im Ergebnis dazu führt, dass Ansprüche der Erwerber wegen sich später herausstellender Mängel nur dann realisiert werden können, wenn die Käufer nachweisen können, dass die Verkäufer (z.B. durch Verschweigen eines Mangels) arglistig getäuscht haben. Im vorliegenden Fall war vom Verkäufer (Ehemann) an der seitlichen Grundstücksgrenze vor vielen Jahren in Eigenleistung eine Winkelstützmauer, die der Sicherung des Erdreichs dient, errichtet worden. Diese wies, was dem Ehemann bekannt war, nicht die erforderliche Standsicherheit auf und musste daher saniert werden. Da dieser Umstand im Zuge der Kaufvertragsverhandlungen nicht offenbart wurde, verlangten die Erwerber im Klageweg Sanierungskosten über insgesamt EUR 24.635,25.

Es bestand vorliegend allerdings die Besonderheit, dass der mitverkaufende Ehemann in die gesamten Kaufvertragsverhandlungen nicht involviert gewesen ist, da er sich zu dieser Zeit in stationärer psychiatrischer Behandlung befand; der verkaufenden Ehefrau wiederum, die die Vertragsverhandlungen führte, konnte nicht nachgewiesen werden, dass sie von der mangelnden Standsicherheit gewusst hat. Dennoch hat der Bundesgerichtshof nunmehr beide Verkäufer vollumfänglich zum Schadenersatz verurteilt.

Das Gericht hat insoweit entschieden, dass eine Verkäufermehrheit im Ergebnis im Innenverhältnis dafür Sorge tragen muss, dass die im Verhältnis zu dem Käufer bestehenden Offenbarungspflichten erfüllt werden, um insgesamt von dem vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung profitieren zu können. Der BGH ging von einer arglistigen Täuschung der Käufer durch Verschweigen aus. Er hält in dieser Entscheidung weiterhin ganz grundsätzlich fest: verschweigt einer von mehreren Verkäufern einen Mangel der Kaufsache arglistig, können sich sämtliche Verkäufer nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.

Diese Entscheidung hat daher große Relevanz für Immobilienverkäufe durch mehrere Personen, und zwar nicht nur durch (getrennt lebende oder geschiedene) Ehepartner, sondern beispielsweise auch durch Erbengemeinschaften. Für Immobilienkäufer bedeutet dies, dass etwaige Ansprüche gegen sämtliche Verkäufer uneingeschränkt geltend gemacht werden können; für Verkäufer von Immobilien bedeutet dies einmal mehr, dass vor und bei Abschluss notarieller Verträge höchste Sorgfalt bei der Offenbarung von etwa bestehenden Mängeln geboten ist. Es ist insbesondere dringend darauf zu achten, dass die Mitteilung von Mängeln dokumentiert wird.

Alexander Kofler

Autor

Alexander Kofler

Rechtsanwalt

Erbrecht

Immobilienrecht